Deine Lakaien Jolly Joker

         
   

Folge 2: Deine Lakaien - Samstag 30.03.2002 Jolly Joker Braunschweig:

   
   

 

„Guten Tag hier ist das Jolly Joker, am Samstag den 30.03.2002 holen Deine Lakaien ihr Konzert von 11.03. nach. Einlass ist ab 18 Uhr!!!“

Mit diesen netten Worten aus dem Anrufbeantworter des Jolly Joker begann für mich einer der denkwürdigsten Konzertabende seit langem. Doch nun erst mal der Reihe nach:

 

Nachdem Deine Lakaien noch vor drei Wochen ihren Auftritt in Braunschweigs lautester Scheunendisco wegen einer Viruserkrankung ihres Sängers Alexander Veljanov absagen mussten, schienen sie es am diesem Abend nun besonders eilig zu haben, das ausgefallene Konzert nachzuholen. Anders ist der ungewöhnlich frühe Startschuss für den Einlass wohl kaum zu erklären.

Zwecks Erwerb einer Eintrittskarte machte ich mich mit meinem Schlachtgefährten Maik sodann ungewohnt frühzeitig auf den Weg Richtung Braunschweig. Nach einigen Schwierigkeiten beim Finden der korrekten Reiseroute trafen wir dann so gegen halb sieben mit eiligen Schritten vor dem Jolly ein. Die Menschentraube vor dem Eingang verriet jedoch unmissverständlich, dass die Hetze völlig unbegründet war, da sich die Tore erst kurz zuvor geöffnet haben mussten.

 

Was dann folgte war der Griff in den Geldbeutel. Je 20 € leichter betraten wir dann mittels einer Original-Tour-Karte das Jolly Joker, welches sich nach seinem Umbau in leicht veränderter Form präsentierte. Allen voran war die Bühne renoviert und tiefer gesetzt worden, sodass das leidige Thema Genickstarre des letzten Konzertes hier ein für alle mal vom Tisch war. Während sich Maik mit einem kühlen Hellen schnurstracks in Richtung Absperrung durchwurschtelte machte ich es mir im vorderen Mittelfeld mit ausgezeichnetem Blick auf das Bühnengeschehen gemütlich, bis es gegen circa halb acht dann endlich losging.

Leider wurde dem zahlreich erschienenen Publikum heute aus terminlichen Gründen keine Vorband zu Teil, wodurch Deine Lakaien höchst selbst als erste und einzige, sowie ungewohnt zahlreich die Bühne betraten. Neben Ernst Horn, der wie immer an seiner Tastenburg wirbelte und Sänger Alexander Veljanov hatten sich drei weitere Lakaien mit auf die Bühne gemogelt, die an Stelle der ehemaligen Live-Musiker Komorowski und Popp für akustische Klänge zuständig waren. So spielte Robert Wilcocks an der Gitarre, Ivee Leon an der Violine und am Cello stand niemand geringerer als B.Deutung von den Inchtabokatables. Derart schlagkräftig besetzt eröffneten Deine Lakaien mit einer symbolischen Geste an die Fans, indem sie Colour-ize zum Besten gaben, jenen Song nach dem auch ihre Fanbase benannt ist. Obwohl der Sound im Jolly den kompletten Abend über nicht der Klarste war, merkte man Veljanov sofort an , dass er stimmlich wieder voll auf der Höhe war.

 

Die ersten 20 Minuten standen komplett im Zeichen der Elektronik: Angereichert mit akustischen Klangtupfern der Gastmusiker standen Generators, Kiss the Future und Stupid auf dem Programm um das bislang regungslos umherstehende Publikum in Bewegung zu versetzen, was auch in einigen aber längst nicht allen Fällen klappte. Angenehm fiel auf, dass die 5 auf der Bühne nicht einfach nur stumpf ihre Songs herunterdudelten, sondern jedem Stück einen unverkennbaren Live-Stempel aufdrückten, indem sie es in einer abgeänderten Version spielten.

Dazu griffen Deine Lakaien entgegen ihrer sonst sehr minimalistischen Bühnenshow auf diverse visuelle Spielereien wie bunte Lightshows und Filmeinspielungen zurück, wodurch das Ganze ein leicht Multimedialen Touch bekam, der aber im Einklang mit dem avantgardistischen Ansatz der Band stand. Wirklich unterhaltsam wurde es allerdings erst, als bei „Stupid“ die komplette Dienerschaft ihr schauspielerisches Talent entdeckte, wie hohlgebohrt über die Bühne torkelte und absichtlich falsch spielte. Selbst der zumeist abgeklärt wirkende Veljanov ließ sich hierbei zu einigen Albernheiten herab.

 

Ein weiteres Highlight folgte auf dem Fuße, als die Gastmusiker kurz verschwanden und Ernst Horn sein auf Rollen gestelltes Klavier an den vorderen Bühnenrand schob, um mit „Where you are“ einen reinen Akustikteil einzuläuten. Zunächst nur mit Klavier und Stimme und später unterstützt durch die Streicherfraktion wurden neuere Stücke, wie „Return“ und „Wunderbar“ in einem völlig neuen Gewandt präsentiert, worin deren ruhige Grundstimmung wesentlich besser zur Geltung kam.

 

Nach so viel Ruhe wurde es dann jedoch wieder dramatisch, als sich Horn mit einem Drumstick bewaffnete und mittels wüstem Geklopfe auf seinem Klavier den Song Mirror Men ankündigte, dessen elektronische Härte er in der Folge zielsicher und mit voller Wucht an seinem Instrument ausließ: In einem Affenzahn trümmerte Horn auf den Tasten herum während Veljanov gnadenlos die Höhen und Tiefen seiner Stimme auslotete. Alles in allem wurde hier die wohl mit Abstand aggressivste Kammermusik der Welt geboten, welche zumindest in den Pausen vom Publikum auch begeistert aufgenommen wurde.

 

Weiter ging es im Programm mit „Love me to the End“, welches halb akustisch, halb elektronisch dargeboten eine Brücke zwischen den beiden Stilrichtungen schlug.

Nach „Silence in your eyes“ hatte es sich dann fürs Erste mit der Ruhe. „Don´t wake me up“, „Kiss“, „Overpaid“ und „Cupid´s Disease” ließen nach einer Dreiviertelstunde erstmals so etwas wie Stimmung aufkommen. Besonders das sehr rockig dargebotene „Overpaid“ entwickelte sich zum wahren Live-Knaller.


Leider währte die gute Stimmung nicht lange, denn bereits nach etwa 70 Minuten verließen die 5 die Bühne und beendeten den Hauptteil ihres Sets. Einige Minuten und vereinzelte, echt zaghafte Zugabenrufe später ging es jedoch weiter und mit Manastir Baroue und Dark Star kamen zwei Klassiker aus dem Repertoire der Lakaien zum Vorschein, von denen speziell Dark Star dankend abgefeiert wurde. Die Freude währte aber wiederum nur kurz, denn eine weitere Zugabenpause stand an, nach der „May Be“ in einer Akustikfassung und „Life is a sexually transmitted disease“ auf die Menge losgelassen wurden. Den viel zu frühen Schlusspunkt der Show setzten Deine Lakaien nach circa 100 Minuten mit „Sometimes“ von ihrem letzten Album Kasmodiah, womit gleichzeitig die „White Lies“-Tour ihr Ende fand.

 

Bei all der musikalischen Klasse, die über den Abend hinweg geboten wurde empfand ich das frühe Ende dann doch als ein wenig enttäuschend. Bei einer Band vom Schlage der Lakaien hätte ich schon noch etwas mehr erwartet. Etliche Hits wie „The Game“, „Mindmachine“, „Fighting the Green“ oder „Into my arms“ fielen einfach unter den Tisch. Außerdem wirkte das Ende des Konzertes bei den tröpfchenweise verabreichten Zugaben etwas zerfahren, wodurch sich die ohnehin mäßige Stimmung im Jolly nicht sonderlich verbesserte.

So schlich sich in eine musikalisch geniale Vorstellung, die eine buntes Programm für junge und alte Fans der Lakaien bot, doch noch ein schaler Beigeschmack ein.

 

.........solange bis Schlachtroß Maik aus der Tiefe des Raumes zu mir stieß und offenkundig finster gelaunt zum Boykott der anschließenden Disco aufrief. Auf Nachfragen was denn los gewesen sei, brach dann das Gewitter los und es folgte eine knapp 90-minütige Enttäuschungs-Hass-Tirade über die Gothic-Szene:

In mitten der zaghaften Stimmung hatte sich der gute Maik nämlich erdreistet mitzusingen und ein bisschen Party zu machen. Dieses hatte dann ein neben ihm stehendes Mädel zum Anlass genommen, sich kurzerhand beim Ordner über ihn zu beschweren, worauf der gute Maik vor die Wahl gestellt wurde, entweder den Saal zu verlassen oder von nun an still zu schweigen. Getreu dem Motto „Mer losse uns des Singe net verbiete“ war er dann auf die Empore des Jolly geflüchtet, wo er dann aber feststellen musste dass der Abend für ihn hinüber war.

Ich für meinen Teil war nach dieser Geschichte ebenfalls restlos bedient und frage mich immer noch, welchen Sinn es macht auf ein Konzert zu gehen, wenn dort Idioten herumlaufen, die einem das Feiern verbieten. Es ist sicherlich falsch alle Gothics über einen Kamm zu scheren aber für die Tatsache, dass es in dieser Szene solche Miesmacher und Spassbremsen gibt, verteile ich für diesen Abend ein klares „setzen 6“.

 

Der Ritter

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